Die erste wirklich interessante Station nach dem Sonnenaufgang war dann eine Aboriginal Community etwas abseits des Highways. Normalerweise ist der Zutritt zu diesen Siedlungen strengstens verboten und nur mit einer schwierig zu bekommenden Sondergenehmigung machbar. In diesem Fall war das zwar anders, da es dort ein Kunst- und Kulturzentrum mit Galerieverkauf gibt, aber allein die Straße dahin ist schon Schutz genug vor westlichen Einflüssen. Das war die schlechteste Straße die ich bisher in meinem Leben gesehen habe. Wer dahin will brauch ein gutes Fahrgestell an seinem Auto und sollte keine losen Dritten als Gebiss haben. Die Straße war gesäumt mit ausgebrannten Autowracks, was mich irgendwie an Fantasy- und Horrorfilme erinnert wo die Opfer sich in einem dunklen Wald oder so dem Ort ihres Untergangs nähern und sich die Zeichen drohenden Unheils in Form von Schädelpfählen oder ähnlichem mehren je näher man kommt. Kurz nach Verlassen des Highways kommt dann auch noch dieses Schild was einen auf das absolute Fotografier- und Filmverbot hinweist. *schmoll
Entsprechend gibt es keine Bilder davon. Die fotografierten Autowracks sind knapp außerhalb dieses Bereiches. Ich frage mich nur nach dem Besuch ob der Grund für dieses Verbot wirklich in religiöser Pietät oder viel mehr in staatlicher Scham zu suchen ist. Diese Siedlung war ein einziger, von menschlichen Zombies bewohnter Müllhaufen. Das ist wirklich traurig, vor allem wenn man bedenkt das die Tradition der Aboriginees mit etwa 60.000 Jahren auf dem Buckel die älteste bekannte durchgehende Kultur der Welt ist. Und nach ein paar Tagen in der Dürre des Outbacks entwickelt man irgendwie auch eine Art automatischen Respekt für eine Kultur, die unter diesen Umweltbedingungen so lange erfolgreich überlebt hat. Ein Gespräch mit der Leiterin des Kulturzentrums (eine gebürtige Britin) enthüllte mir einige der Gründe für die desolaten Zustände in dieser Siedlung. Aboriginees sind eigentlich Nomaden, die kaum länger als ein paar Wochen an einem Platz bleiben bevor sie weiterziehen. Eine permanente Niederlassung (die für Sozialhilfe benötigt wird) ist einfach nicht Teil ihres Lebensstiles. Desweiteren hat die Kolonisierungsgeschichte Europas in Australien eine tiefe Scharte im kulturellen Selbstbewusstsein der Ureinwohner geschaffen, die nicht leicht zu heilen ist. Christen und Muslime sind nicht die einzigen die sich für die Krone der Schöpfung halten … Dazu kommt noch der Umstand dass dort 380 Menschen leben und es ganze 30 Jobs außerhalb des künstlerischen Betriebes des Kulturzentrums gibt, der etwa 80 Künstler arbeiten lässt (nicht alle zur gleichen Zeit). Ausgerechnet dort hatten wir dann unser Mittagessen zwischen herumstreunenden Dongs (Eigenkreation als Abkürzung für dog-dingoes), die allesamt aussahen als ob sie im nächsten Moment vor Schwäche oder aufgestauter Langeweile umfallen würden. Schließlich ist es auch noch so dass die Gegend erst vor gut 70 Jahren erkundet wurde und der erste Kontakt zwischen Europäern und zentralaustralischen Aboriginees noch nicht sehr lange her ist. Spirituelle und geistige Narben sind entsprechend noch sehr frisch. All das macht die Integration nicht gerade einfacher, vor allem nicht wenn dann noch Alkohol und Drogen ins Spiel kommen.
Alles in allem wirklich traurig diese Angelegenheit. Irgendwie waren wir dann doch alle ein wenig froh als wir nach dem Kauf von ein paar dort gemalten Postkarten und anderen Souvenirs den Ort verließen. Es stimmte einen trübsinnig und nachdenklich, was aber vielleicht auch mal ganz gut ist auf so einem Trip. Man merkt eben dass Australien besonders im Umgang mit seinen zugleich ältesten und jüngsten Bürgern nicht unbedingt das Traumparadies ist als das es sich so oft präsentiert.
Mit diesen Worten werde ich mich jetzt erstmal in die Nacht verabschieden da ich enorm müde bin und mir beim Schreiben schon mehrmals die Augen zugefallen sind. Die Bilder für diesen Tag binde ich morgen ein (bis dahin könnt ihr sie euch auch bei flickr anschauen). Gute Nacht!
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